Ungläubiges Staunen. Mit den „Augen des Anderen“

Ungläubiges Staunen. Mit den „Augen des Anderen“ die Peterskapelle neu sehen  (12.März 2024)
Bildrechte Thomas Amberg

12. März 2024 Peterskapelle: Mit den Augen des Anderen sehen

Wie nimmt eine Muslima eine christliche Kirche in ihrer Bildsprache und ihren Symbolen wahr? Kann ich als Christ*in im Dialog mit ihr mitteilen, was ich selbst hier selbst hier sehe und fühle? Die Kunst der mittelalterlichen Peterskapelle wurde am 12.März 2024 zu einem ungewöhnlichen „Dialogort“, um zu erkunden, was wir glauben, lieben, hoffen … in aller Unterschiedlichkeit.

Thomas Amberg von BRÜCKE wagte sich dafür ins Gespräch mit  Imane El Guennouni, Mitarbeiterin am Department für Islamisch-Religiöse Studien der Uni Erlangen-Nürnberg und Kunsthistorikerin Dr. Gesa Büchert. Anregung für den Titel des Abends bot dabei das gleichnamige Buch des bekannten Orientalisten und Literaten Navid Kermani (2015), der als Muslim und Sufi bei einem Studienaufenthalt in Rom unerhört subjektive und gleichzeitig höchst spirituelle  Betrachtungen christlicher Kunst wagte.

Gerade dieser „Blick von außen“ war es auch, der die etwa 15 Teilnehmenden besonders berührte… etwas als Imane davon erzählte, wie sehr sie der Raumeindruck mit den Emporen an die alten Synagogen von Fez erinnert, die sie als junge Frau in ihrer Heimatstadt besuchte. Die barocke Kanzel mit ihrer Wendeltreppe wurde zum Ort, um gemeinsam darüber zu sprechen, wie die verschiedenen religiösen Kulturen das „Wort Gottes“ im Gottesdienst inszenieren. Auch Männer- und Frauenrollen und die Geschlechtertrennung kamen dabei zur Sprache, ebenso wie Bildlosigkeit und das Bildhaftigkeit vor dem menschlichen Wunsch diesem „Wort“ nahe zu kommen. Intensiv tauchten Gesa Büchert und Imane El Guennouni über der Betrachtung der mittelalterlichen Altarbilder in die Symbolik der Farben in christlicher und islamischer Kunst ein. Inspiriert von den Klängen der Orgel teilten wir die Erkenntnis, dass Kirchen wie Moscheen nichts an sich „Gebäude“ sondern „klingende Räume des Gebets“ sind und auch nur so angemessen zu verstehen sind.

Der Zugang über die „andere Religion“ bot dabei nicht nur Vergleichswerte, sondern erschloss genuin  neue Zugänge für die mehrheitlich christlichen Teilnehmenden. Dabei kam nicht nur „Gemeinsames“ sondern auch „Trennendes“ zur Sprache; zentral dabei das trinitarische Gottesbekenntnis des Christentums und der Glaube an Jesus als „Gott Sohn“, wie er sich etwa im großen Kruzifix des Hauptaltars in der Kapelle zeigt. Kann es gelingen, auch das Trennende als heilsame Anfrage auch geistlich an sich heranzulassen, um darin den eigenen Glauben lebendig-dialogisch zu vertiefen und neu zu verorten? Wir hatten den Eindruck, dass die Teilnehmenden des Abends etwas von diesem Anliegen mitgenehmen konnten!